1916.01_Feldpost für die Angestellten der Firma F. Hessenland GmbH

1916.01_Feldpost für die Angestellten der Firma F. Hessenland GmbH

Извор

Посочил: Makedonien.mk

 

Jandcr gab uns oftmals Nachricht, auch erhielten
wir wieder verschiedene photographische Auf-
nahmen. — Am 28. 5. schreibt Z.: Gestern
erhielt ich die schon langersehnte „Feldpost”,
wofür ich meinen herzlichsten Dank sage.
Ich habe mich sehr gefreut und dieselbe mit
großem Interesse gelesen. Das Leben und
Treiben ist hier jeden Tag aufs neue inter-
essant anzusehen. Man denkt im Morgen-
lande zu sein, wenn man so sieht, wie die
Bevölkerung ihr Tagewerk vollbringt. Mor-
gens treiben sie ihr Vieh, große Schaf-,
Ziegen-, Ochsen- und Büffelherden, ans die
Weide. Andere wieder machen Fuhren mit
Ochsengespannen oder leiten mit ihrem Stock
ihren Esel, der hier als Tragtier benutzt
wird und viel leistet bei tvenig Futter.
Andere wieder sitzen in ihrein Laden oder
vor der Türe und halten Ansichtskarten, Obst,
türkische Ringe und Messer feil, hauptsächlich
aber Tabak; zu gewissen Tageszeiten laufen
auch Türken mit Gebäck (ähnlich wie bei uns
die Semmeln), Kaffee, türkischem Bier,
Limonade usw. umher und bieten ihre Waren
mit lauten Rufen an. Dazwischen sieht man
dann das viele Militär der Verbündeten
Zcntralmnchte, große moderne Lastautos,
Offiziere reiten und fahren, über sich täglich
mehrere Flieger, auch mal feindliche, so daß
mau wieder an das Abendland erinnert wird.
Seit ö Wochen bin ich nun als Schreiber int
Bureau unserer neu errichteten Zigaretten-
fabrik der 11. Armee tätig. Habe hier viel
zu tun und kann jetzt keine Forschungsreisen
machen und Land und Leute eingehend studieren.
Außer Schreibarbeit habe ich noch alle mög-
lichen andern Arbeiten zu erledigen (Russen
zum Tabaktütenkleben anlernen, Papier zn-
schncidcn usw.). Am 21. 7. schreibt Z. :
Wir haben hier seit Monaten eine furchtbare
Tropenhitze, so manche Woche täglich 60—70
Grad Celsius in der Sonne und 40 Grad
im Schatte». Die Luft war oftmals glühend
heiß, nun scheint die Hitze ihren Höhepunkt
erreicht zu haben. Die schönen Südfrüchte
reifen jetzt alle, wie Pfirsiche, Aprikosen, Maul-
beeren, Melonen, auch Kirschen, Birnen usw.
So hat der Süden seine guten, aber auch
seine Schattenseiten. Vor einigen Wochen
hatte ich endlich Gelegenheit einem türkischen
Gottesdienst beizuwohnen. Es war dies sehr
interessant anzuschen. In diesem Monat feiern
die Türke» ihr sogenanntes „Beiramfcst”.
Während dieser Zeit essen die Türken am
Tage nichts, des abends gehen sic in die
Moschee zum Gebet, danach gehen sie in die
Kaffees und essen und trinken Kaffee, Tee,
Limonade usw. Das Innere einer Moschee
sieht auch sehr schön aus. Ich war in der
größten Moschee von Usküb, der sogenannten

Sultan Murat-Moschee. Der ganze Fußboden
ist mit kostbaren Teppichen belegt.
Weiter schreibt uns Z.: Vor einigen Tagen
erhielt ich die Sendungen mit Zigarren
usw., worüber ich mich sehr gefreut habe.
Die Hitze ist in diesem Jahre hier unten auf
dem Balkan besonders groß, wie sic seit einer
Reihe von Jahren nicht gewesen sein soll.
Geregnet hat cs seit Monaten nur wenig,
der Wardar ist in diesem Jahre fast aus-
getrocknet. Wenn cs mal einen Tag Regen
gab, meist mit Gewitter und Sturm ver-
bunden, war es den Tag gleich merklich kühl
geworden und am andern Morgen wieder
klar, schien die Sonne den Vormittag über,
so hatten wir Mittag wieder die alte Glut-
hitze von 60 -70 Grad. Mit der Zeit
gewöhnt man sich auch an die hohe Tempe-
ratur des Orients. Bei Regenwetter ist der
Schmutz in den Straßen furchtbar, aber für
die Stiefelputzer an den Straßenecken ist
dies dann ein angenehmer Tag und tönt
einem das schon bekannte Wort „Komm,
putz, putz” recht häufig entgegen. Das
Leben und Treiben auf den Straßen ist sehr
rege und vielseitig; viele deutsche, österreichische
und bulgarische Militärs, dann die durch-
einander gewürfelte Bevölkerung, wie Serben,
Bulgaren, Griechen, Mazedonier, Albanesen,
Türken, Zigeuner, Inden und wie die kleinen
Miichvölkcr noch alle heiße». Der Handel
ist hier die Hauptbeschäftigung, Laden reiht
sich an Laden, ein Obstverkäufer an den
andern an den Straßenecken. Postkarten-
händler sind auch stark vertreten, Spiegel,
Ringe, Zigarettenspitzen und ähnliche kleine
Sachen werden viel angeboten, auch für
Getränke ist gesorgt, sogar die berühmten
Fruchteiswagen sind zur Stelle. Und das
alles so recht orientalisch. Dann auch die
vielen kleinen bulgarischen und türkischen
Kaffees, wo man Brot, Kuchen, warme und
dicke Milch oder ähnliches erhält. Schön sieht
es besonders jetzt bei den Obsthändlern aus,
die ganze Berge der vielen Obstsorten des
Südens im Laden oder neben sich zu liegen
haben, wie Pfirsiche, Aprikosen, Pflaumen
Kirschen, riesige Kürbisse, herrliche Melonen,
Apfel, Birnen, Gurken, Paprika, Tomaten.
Ich wundere mich oft, wie so viele Geschäfts-
leute hier bestehen können, aber wenn inan
die Lebensweise der meisten betrachtet, dann
wird es einem klar. Die Kleidung ist bei
vielen so einfach und primitiv >vie nur
möglich und nun erst einen Bettler zu sehen
in seiner Kluft! Am interessantesten in der
Kleidung sehen die Mazedonier aus, sie gehen
fast durchweg sauber, heil und nett. Wenn
ich nicht das viele Militär und die Flieger
sehen würde, wäre vom Kriege wenig z»